Nicht mein Lieblingsland

Nach dem kleinen Tempelmarathon mit Uwe und Sandra in Thailand ging das Abenteuer erst richtig los. Wir hatten vor über einem halben Jahr bereits Unterkünfte gebucht und fest geplant, mit dem Bus zur Grenze nach Laos zu fahren und dann dort mit dem Slow Boat den Mekong herunter zu schippern. Wir hatten in mehreren Reiseblogs gelesen, wie wunderbar es doch wäre, in gemächlichem Tempo gemeinsam mit einigen Einheimischen die bezaubernde Landschaft an sich vorbei ziehen zu sehen.

Ursprünglich wollten wir das auch auf eigene Faust organisieren, aber tatsächlich ist diese Route zu so einem Touristenmagneten geworden, dass es inzwischen komplett organisierte Touren dafür gibt. Da es sich preislich nichts gab, haben wir also über unsere Unterkunft in Chiang Rai einfach das Komplettpaket nach Luang Prabang gebucht. Abholung morgens um 5. Da wir nun nicht mehr in Ban Houayxay, dem Startpunkt der Boote in Laos, übernachten würden, waren wir einen Tag zu früh dran und mussten noch schnell unsere Unterkunft in Pakbeng, dem obligatorischen Zwischenstopp, buchen. Das ging zum Glück auch einwandfrei. Eine Nacht früher in Luang Prabang gestaltete sich dagegen schwieriger. Wegen des Chinesischen Neujahr war alles entweder ausgebucht oder kostete 100€/Nacht oder mehr. So buchte ich ein anderes Hotel als Sandra und Uwe, aber danach hatten wir ja das selbst Hotel gebucht. Aber es sollte anders kommen…

Perfekte Organisation

Es ging also los mit einem Minibus Richtung Grenze. Dort reisten wir aus Thailand aus, stiegen mit gefühlt dreihundert weiteren (zu 90% sehr jungen) Reisenden in einen Transfer Bus, fuhren über die Freundschaftsbrücke nach Laos und ein Vertreter unseres Touranbieters organisierte die Einreise-Visa nach Laos. Dann ging es erst einmal in kleinen “Songteos” (Thai für “zwei Bänke”, ein Motorrad-Vorbau mit Pickup-Pritsche hinten dran, wo eben zwei Bänke rechts und links drauf sind) weiter zur Geschäftsstelle des Anbieters. Hier gab es dann kostenlose Sandwiches für auf dem Weg, Wasser und SIM-Karten sowie weitere Snacks und Getränke für Preise, die sich bereits gewaschen hatten. Aber okay. Es war ja praktisch und im Vergleich zu Deutschland auch nicht soooo teuer.

Anschließend ging es weiter zu den Booten. Wir bekamen Tickets und Platzkarten, um die sich am Ende aber niemand scherte. Schließlich saßen Sandra, Uwe und ich an einem 4er Tisch, unser großes Gepäck war unter Deck verstaut und wir fanden es eigentlich ganz prima. Es fuhren 2 Boote mit geschätzt 150 Individualtouristen – und keinem einzigen Einheimischen, der nicht zur Crew gehörte.

Der Mekong hat, seit ich ihn 2006 in Thailand das letzte Mal in seiner vollen Pracht gesehen habe, locker 3-5m an Höhe verloren. Das heißt, die Ufer liegen jetzt sehr viel tiefer und es gibt viele flache Stellen mit Felsen und sogar Stromschnellen. Die Landschaft ist wirklich ganz zauberhaft, wenn auch 7 Stunden lang am Stück doch wieder etwas eintönig. Aber gut. Wir wollten das, wir würden das genießen. Unterwegs sahen wir immer wieder kleine Häuser-Ansammlungen und tatsächlich legten wir auch zwei, drei mal an um Einheimische oder Waren aufzunehmen oder wieder abzuliefern. Diese Dörfer haben nämlich keinen Straßenanschluss. Der Mekong ist ihre Lebensader.

Angekommen in Pakbeng wurden wir von unserer Unterkunft am Anleger abgeholt. Man musste allerdings wegen des tiefen Wasserstandes erst einmal sehr viele, steile Stufen hoch gehen, was mit meinem Gepäck wirklich schwierig war. Uwe wollte eigentlich helfen, stolperte und verletzte sich aber. Zum Glück nicht schlimm, es war binnen weniger Tage abgeheilt. Geholfen hat dann erst auf den letzten 10 Metern ein netter Deutscher in meinem Alter (ich nannte ihn fortan nur noch Prince Charming, denn genau so sah er aus). An der Unterkunft hatten wir dann wirklich tolle, kleine Bungalows direkt oberhalb des Mekong und wir aßen in einem randvollen Restaurant super lecker zu Abend – das erste laotische Essen konnte uns schon voll überzeugen. Bis hier hin – alles wunderbar! Anbei ein Video von der liebevollen Gästebuch-Speisekarte ^^

Aussicht vom Bungalow

Die Stimmung kippt

Am nächsten Morgen hieß es “8 Uhr am Anleger”. Wir hatten schon gehört, dass es am zweiten Tag etwas voller und chaotischer zugehen könnte und waren um 7:15 Uhr am Boot und durften auch sofort drauf. Das Gepäck wurde wieder unter Deck verstaut, dieses Mal gab es allerdings im Haupt-Raum keine Tische. Daher hatten Uwe und Sandra sich komplett nach hinten verkrümelt – hinter den Motor, das Klo und die Küche. Hier gab es Tische. Die Ecke war “bekannt” dafür, dass sich hier die Raucher und Party-People treffen. Ich hatte nicht so richtig Lust auf Diesel- und Zigarettengestank und den Lärm, also ging ich wieder vor. Im vorderen Raum standen dicht an dicht gedrängt aus alten Vans ausgebaute Sitzbänke – und alle schon fast voll. Ich drängte mich nach vorne und nach 2x umsetzen hatte ich einen recht bequemen Platz neben einer jungen Deutschen und einem französisch/kolumbianischen Pärchen.

Es wurden weiterhin Menschen auf das Boot gedrängt. Inzwischen wurde das Gepäck auf’s Dach befördert. Als keine weitere Sitzbank mehr Platz hatte und die Gänge auch voll standen, stellte man fest, dass man keine 300 Menschen auf ein Boot quetschen kann. Denn obwohl am Vortag 2 Boote mit je 150 Menschen an Bord gestartet waren, wollte man nun mit nur einem Boot weiter fahren. Die letzten 25, die noch draußen standen, hatten dann in so fern Glück im Unglück, als dass sie nach kurzer, lauter Diskussion (scheinbar über den Anteil am Beförderungspreis für das jetzt doch benötigte zweite Boot) auf ein anderes Boot ziehen durften. 75 weitere Leute von unserem Boot sind dann ebenfalls umgezogen. Damit hatten wir 200 Leute in unserem Boot (welches für maximal 150 ausgelegt war) und 100 Leute auf dem zweiten Boot (die Glücklichen). Die Fahrt war zwar wegen der netten Gesellschaft auch unterhaltsam, von der Landschaft haben wir allerdings nicht mehr viel mitbekommen.

Wie die Ölsardinen (die Leute von den freien Plätzen sind ganz vorne oder ganz hinten auf dem Boot)

Luang Prabang – Stadt der Geldgier

Mit deutlicher Verspätung kamen wir 8km vor Luang Prabang an und wurden erst einmal zur Kasse gebeten, um uns ein vollgestopftes Songteo in die Stadtmitte zu teilen. Aber gut, sonst kommt man da ja nicht weg. Während ich dann in mein Hotel für eine Nacht eincheckte (ein recht einfaches Zimmer in moderatem Pflegezustand für 40$/Nacht), meldeten Sandra und Uwe sich, dass ihr Hotel ein Schild vor der Tür hatte “No Booking, No Agoda”. Sie hatten über Booking.com zu einem vernünftigen Preis gebucht, in den Bewertungen stand aber schon, dass einige Leute bei Ankunft plötzlich höhere Preise zahlen sollten als das, was sie gebucht hatten. Über 100€ für ein Kellerloch war dann doch arg unverschämt und so mussten sie los ziehen und auf gut Glück noch etwas anderes finden. Zu Glück gelang es ihnen auch, in einem offiziell noch nicht geöffneten Hotel unter zu kommen. Zu Abend haben wir dann auf dem Nachtmarkt gegessen. Hier war es auch extrem voll, aber auch interessant, auch wenn das Angebot natürlich schon sehr auf Touristen ausgelegt ist.

Am nächsten Tag standen Sandra und ich früh auf, um die Mönche bei ihrem Almosengang zu beobachten. Leider ist dies inzwischen ein trauriges Touristen-Spektakel, bei dem (vornehmlich chinesische) Touristen den Mönchen eng auf die Pelle rücken und ihnen ihre Handys ins Gesicht halten. Gleichzeitig kann man am Rand gegen Bezahlung auf Kinder-Plastikstühlen Platz nehmen und den vorbei gehenden Mönchen eine Handvoll Reis und einen Schokoriegel in ihre Sammel-Behälter stecken kann. Sind sie nicht alle brave Buddhisten? Ein wirklich trauriges Bild, bei dem findige Menschen eine Menge Geld verdienen.

Tagsüber schauten wir uns die Stadt an. Phousi Hill, ein paar Tempel (jedes Land hat da ja seinen eigenen Stil, die Tempel waren schon wirklich hübsch). Überall sieht man zudem französische Kolonialarchitektur. Die Stadt hat schon Charme, war allerdings total überlaufen und man bekam in kaum einem Café oder Restaurant Platz.

Aber wir mussten ja noch in unser vor 6 Monaten gebuchtes Hotel umziehen. Mit bereits grummeln im Bauch ging ich die 200m zum anderen Hotel und siehe da: “No Booking, No Agoda”. Ich sprach sowohl mit der anwesenden (sehr gelangweilten und der englischen Sprache nicht mächtigen) Angestellten als auch mit dem (offenbar chinesischen) Eigentümer per Telefon. Ja, wir könnten die Zimmer haben. Für 100$ pro Person und Nacht statt den gebuchten 30$ pro Zimmer. Für 3 Nächte wären das 900$ statt der ursprünglichen 180$ gewesen! Wegen des Chinesischen Neujahrs gab es aber nichts anderes, günstigeres mehr. Sandra und Uwe konnten in der tags zuvor gefundenen Unterkunft bleiben (dort kamen öfter Leute vorbei, die nach Zimmern fragten, aber inzwischen war auch hier alles ausgebucht).

Ich ging zurück zu meiner Unterkunft von vorheriger Nacht und Khua, der junge Mann am Empfang, setzte Himmel und Hölle für mich in Bewegung und organisierte eine erneut sehr schlichte Unterkunft in 2,5km Entfernung, dafür aber für die avisierten 30$ pro Nacht.

Wasserfall und Bären

Am zweiten vollen Tag in Luang Prabang hatten wir uns über Khua eine Tagestour zum Kuang Si Wasserfall (mit Besuch bei einer Bären-Auffangstation), zu den Pak Ou Höhlen und einigen weiteren Punkten gebucht. Die Bären-Auffangstation ist toll gemacht. Hier leben gerettete Malayenbären, die wegen ihrer Gallenflüssigkeit in winzigen Käfigen ihr Dasein fristen mussten. Man konnte einen der Käfige betreten (wirklich nur 1x1x1m). Dort hing ein Schild: “Möchten Sie hier drin leben? Nein? Warum glauben Sie dann, ein Bär würde das wollen?”. Auch der Wasserfall danach war wirklich traumhaft schön. Ich erinnere mich, dass ein Ex-Freund Fotos aus 1999/2000 hatte, wo er sogar darin badete. Das ist heutzutage allerdings verboten.

Auf dem Weg zum Mittagessen (mit ehemaligen Arbeitselefanten), machten wir dann noch Halt in einem Hmong-Dorf. Die Hmong gehören zu den Bergvölkern, die sich von Nord-Thailand über Laos bis Vietnam verteilen. Leider war der Besuch hier ausschließlich ein vorbeiflanieren an kostümierten (Klein-)Kindern im Alter von 3 bis 10, die brav ihre angebotenen Armbänder hoch hielten und ihr auswendig gelerntes Sprüchlein aufsagten “Only ten thousand…”. Wir waren alle eher entsetzt als zum Kauf motiviert.

Anschließend ging es wieder auf ein Boot und ein kleines Stück den Mekong wieder hinauf. Hier konnten wir, nach einigen Stufen, zwei Höhlen mit einer Menge kleiner und einigen großen Buddha-Statuen besichtigen. Einer Legende nach, hat man sie hier vor Invasoren und Bombardements (Franzosen und Amerikaner) in Sicherheit gebracht. Tatsächlich haben aber schon viel länger Menschen kleine Statuen hier hin gestellt, um für Glück und Gesundheit zu beten.

Nach dem Besuch der Höhlen war unsere letzte Station ein “Whisky-Dorf”. Hier wird Lao-Lao gebrannt, laotischer Whisky. Oft werden auch Schlangen oder Skorpione in den Alkohol eingelegt. Wir konnten verschiedene Sorten probieren, aber ich habe (wie immer, wenn Alkohol im Spiel ist), abgelehnt.

Abschied

Da ich nach Luang Prabang noch weiter wollte nach Nong Khiaw, Sandra und Uwe aber gen Süden weiter wollten, trennten sich unsere Wege Abends nach dem Nachtmarkt wieder. Es war schon ein bisschen traurig, denn gemeinsam reisen ist tatsächlich so viel schöner und wir haben uns super verstanden. Was von Luang Prabang bleibt ist der fade Geschmack der reinen Geldgier und die an jeder Ecke wartenden Betrügereien. So etwas habe ich wirklich in all meinen Reisen noch nirgendwo so schlimm erlebt, wie hier. Ich kann bis heute nicht verstehen, warum so viele Leute sagen, dass Laos ihr Lieblingsland und Luang Prabang ihre Lieblingsstadt in Südostasien ist.

Ich denke, der Artikel ist mal wieder lang genug geworden. Daher werde ich von meiner Weiterreise dann beim nächsten Mal erzählen :) Bis dahin!

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